Open/Close Menu Zentrum für Physiotherapie, Ergotherapie, Handtherapie, Neurologie in Ibbenbüren

Am 12.11.2020 hatten wir die IVZ in unseren Praxisräumen. Linda Braunschweig berichtet über unseren Lokomat Nanos:

Exoskelett-Trainer für gelähmte Patienten

Roboter hilft beim Laufen lernen

Von Linda Braunschweig 
IBBENBÜREN.

„Anstrengend.“ Gregor Rekers‘ Antwort auf die Frage, wie das Training ist, fällt knapp aus. Kein Wunder, der 58-Jährige vollbringt gerade eine körperliche Höchstleistung, für die er sich auch noch voll konzentrieren muss: Er trainiert im „Lokomat Nanos“, einem sogenannten Exoskelett-Trainer, den das Therapiezentrum Poerschke speziell für Patienten mit Querschnittslähmung oder nach Schlaganfällen angeschafft hat.

Das komplexe Gerät ersetzt dabei nicht nur Gelenke wie Hüfte und Knie, es steuert auch deren Bewegung in unterschiedlichem Grad, hält den Patienten aufrecht – und ermöglicht es so, dass selbst querschnittsgelähmte Patienten auf dem Laufband gehen können.

Für Gregor Rekers ist der Lokomat ein wichtiger Teil der Therapie geworden. Er ist nach einem schweren Unfall vor zwei Jahren teilweise gelähmt. Der Ibbenbürener war mit dem Rennrad in den Straßengraben gestürzt und hatte „diverse“ Halswirbel gebrochen. Nach der OP lag er im Koma und als er aufwachte, „konnte ich nichts bewegen“. Seine Prognose war völlig ungewiss. Aber Rekers kämpft. Nach drei Monaten im Krankenhaus und sieben Monaten in der Reha kehrte er nach Hause zurück, kann inzwischen mit einem Unterarmgehwagen bis zu 150 Meter laufen. Der Lokomat soll sein Gangbild verbessern, erklärt Simon Poerschke, Ergotherapeut und Junior-Chef im Therapiezentrum. Zehn Mal hat Rekers schon mit dem Roboter trainiert, erste Erfolge seien erkennbar, so Poerschke. Ziel sei der Transfer in den Alltag, dort sicherer zu werden.

„Man braucht Geduld, die habe ich eigentlich nicht“, gibt Rekers zu. Aber er hat ein festes Ziel vor Augen: Wieder laufen und Autofahren zu können, sportlich aktiv zu sein. Dafür macht er nun einen Schritt nach dem anderen auf dem Laufband, während die Roboter-Gelenke surren und Ergotherapeutin Henrike Zurlinden die Daten überwacht.

Für Poerschke und seine Kollegen ist der Roboter-Kollege aus therapeutischer Sicht eine kleine Sensation, dessen Funktion manuell nicht zu schaffen ist. Lauftraining in dieser Form mit Entlastung des Gewichts sei ohne Roboter nicht möglich. Im März hat Thomas Poerschke den Lokomat für 200000 Euro erworben. Der Geschäftsführer sieht schon seit Langem in der Robotik eine Chance für die Patienten. Im April hat das Team den Lokomat in Betrieb genommen, bislang sei das Gerät in der ambulanten Therapie im Kreis Steinfurt einzigartig, sagt Simon Poerschke. Zunächst mussten alle 13 Ergotherapeuten daran geschult werden. „Wir müssen uns sehr sicher sein, was wir damit tun.“ Gar nicht so einfach, denn die Technik ist hochkomplex. Die Behandlung zu bekommen dagegen nicht: Ein einfaches Rezept auf Ergotherapie genügt.

Inzwischen sind 20 Patienten in der Lokomat-Therapie. „Uns als Therapeuten erleichtert das die Arbeit“, sagt Henrike Zurlinden. Es sei sonst sehr schwierig, Patienten wieder zum Laufen zu bringen, oft seien dafür mehrere Kollegen nötig. Während der Exoskelett-Trainer zum Beispiel Schlaganfall-Patienten beim Laufen lernen hilft, ermöglicht er querschnittsgelähmten Patienten das aufrechte Stehen und Gehen auf dem Laufband, in dem er den Bewegungsablauf komplett selbstständig imitiert. Das wirke Schwindel, Muskel- und Sehnenverkürzungen entgegen, verbessere Kreislauf, Verdauung und Durchblutung, zählt Zurlinden die Vorteile für Patienten auf, die auf den Rollstuhl angewiesen sind. Soweit die medizinische Seite. Die emotionale ist noch einmal eine ganz andere. Wenn Patienten nach Jahren im Rollstuhl aufrecht stehen könnten, „fließen auch mal die Tränen“, sagt Zurlinden.

»Das ist wahnsinnig emotional.«

Henrike Zurlinden über Patienten, die nach langer Zeit zum ersten Mal aufrecht stehen

Dieser Artikel erschien am 12.11.2020 in der IVZ

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